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Spitalbau der Zukunft – für patientenzentrierte Spitäler

Bei der Planung von Spitälern ist es wichtig, die zukünftigen Prozesse im Blick zu haben. Denn diese entscheiden massgeblich über die Höhe der Betriebskosten. Zudem erfordert die Unwissenheit über die Zukunft eine hohe Flexibilität für Spitalbauten.

Ein Spitalbauprojekt ist eine grosse Aufgabe für eine Organisation. Die Infrastruktur wird heute geplant, wird in einigen Jahren in Betrieb genommen und ist danach 30 bis 40 Jahre der Ort, an welchem Patientinnen und Patienten behandelt werden. Das Problem: Wir haben nur Vermutungen, wie sich die Patientenbedürfnisse über die nächsten 40 Jahre verändern werden. Wir können nur erahnen, wie sich die medizinische und pflegerische Leistungserbringung wandeln wird. Und wir haben keine Ahnung, mit was für technologischen Möglichkeiten wir im Jahre 2060 ausgestattet sein werden. Was wir jedoch mit Sicherheit wissen: Es wird anders sein müssen als heute. Das zwingt uns zu mehr Flexibilität.

Der Patient im Zentrum

Die Schweizer Spitalbauten des 20. Jahrhunderts sind bereits nutzerzentriert gebaut. Leider sind sie auf die falschen Nutzer ausgerichtet. Die Kaderärzte waren das Zentrum der Macht, die Gebäude auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten: Kurze Wege für den Chefarzt. Die leitenden Ärzte in der Nähe. Ein grosszügiges Büro mit einem verbundenen Untersuchungszimmer. Das Sekretariat gleich vorne dran. Der Patient geht zum Arzt. Auch heute ist die Maxime, die Gebäude auf die Nutzer zuzuschneiden. Doch das Machtgefüge hat sich zum Glück verschoben. Ein gelungener Spitalbau stellt den Patienten ins Zentrum. Wenn alle Prozesse effektiv auf die Patientinnen und Patienten ausgerichtet werden, gewinnen alle. Das bedeutet gleichzeitig, es geht beim Spitalbau primär um Prozesse. Abläufe, die sicher sind für den Patienten. Prozesse, die gute Medizin ermöglichen und gleichzeitig effiziente Arbeitsmöglichkeiten für Mitarbeitende bieten.

Den Patienten einfach «mitzudenken» reicht aber nicht aus. Zu viele Annahmen und Vorurteile prägen unser Denken. Der Patient gehört schon in der Planung mit einbezogen. Zusätzlich braucht es einen Mix an Schlüsselpersonen, die von Beginn an ein Design Team bilden und kontinuierlich mitentwickeln. Dies sind sicherlich Ärzte, Pflegende, aber auch viele weitere Berufsgruppen, die im Spital in die Abläufe involviert sind. Diese Nutzer müssen zusammen mit der Patientenperspektive absichern, dass die Ergebnisse ihrer Anforderungen im Laufe der Bauplanung nicht verloren gehen.

Flexibilität als Gestaltungsprinzip

Wenn wir mit Patienten und Teams aus einem Spital Prozesse entwickeln, dann schauen wir miteinander in die Zukunft. Wie soll der Aufenthalt und die Behandlung von Patienten gestaltet werden? Wie wollen die Behandlungsteams zukünftig arbeiten? Was kommt in den nächsten Jahren an Entwicklungen auf uns zu, welche die Arbeitsweisen der Zukunft verändern werden? Mit etwas Weitsicht gelingt es uns, die Entwicklungen der nächsten Jahre zu antizipieren. Niemand kann heute schon sagen, was in 20 oder 30 Jahren sein wird. Die Spitalbauten, die heute entstehen, werden jedoch noch lange in Betrieb sein. Aus diesem Grund ist es wichtig, dass die Bauten Flexibilität als ein wesentliches Gestaltungsprinzip in ihrer DNA haben.

Digital und smart

Auch wenn wir noch nicht wissen, was technologisch in 20 oder 30 Jahren Alltag ist, wissen wir eins sicher: Das Spital der Zukunft wird digital sein. Digital bedeutet, dass Informationen nicht mehr in Prosa in Berichtstexten verschwinden, sondern dass diese strukturiert vorhanden sind und kontextspezifisch aufbereitet oder weiterverarbeitet werden können. Denn das Spital der Zukunft ist intelligent. Ein einfaches Beispiel: Sensoren werden erkennen, wenn ein Patient sich gefährlich aus dem Bett erhebt und ein Sturz droht. Die nächste Betreuungsperson wird umgehend alarmiert. Ein anderes Beispiel ist noch etwas weiter weg: Die Durchführung einer Physiotherapie wird entsprechend dem Gesprächsverlauf und den Bewegungsdaten dokumentiert. Verbrauchsmaterial wird automatisch nachbestellt. Eine allfällige Verrechnung wird nach beendeter Tätigkeit direkt ausgelöst. Und der nächste Termin wird gemäss Gesprächsverlauf zwischen Patienten und Therapeut automatisch in den Behandlungsplan des stationären Patienten in einen passenden, freien Slot eingebucht.

Denkbar ist auch, dass Wetterprognosen, Veranstaltungskalender der Umgebung und Erfahrungswerte das erwartete Patientenaufkommen auf der Notfallstation prognostizieren. Bei Bedarf werden schon einige Stunden vor dem Stau im Notfall Bettenkapazitäten organisiert oder Lösungen mit externen Partnern gesucht. Das Spital der Zukunft kann proaktiv seine Kapazität steuern und Engpässe lösen – so wie es die meisten Unternehmen heute schon tun. Schon heute gibt es diese Lösungen. Ein Beispiel ist das Humber River Hospital in Toronto, welches eine durchgängige digitale Lösung für Kapazitätsfragen über das ganze Haus (ein sogenanntes «Command Center») integriert hat.

Mit dem Blick auf den Betrieb

Die meisten Akteure in einem Bauprojekt fokussieren auf die Bauphase. Und natürlich ist es wichtig, das Bauprojekt zur vereinbarten Qualität, innerhalb der versprochenen Zeit und im Budget, abzuliefern. Doch ein Bauprojekt ist kein Selbstzweck, sondern es wird für den Betrieb gebaut. Aus diesem Grund ist es wichtig, eine starke Nutzerperspektive und eine gewichtige Stimme der Nutzer mit Blick auf die Jahre des Betriebs durch das ganze Bauprojekt hindurch zu etablieren. Ein Spital kostet vor allem im Betrieb, im Vergleich dazu ist der Spitalbau günstig. Noch immer werden Investitionsentscheide aber anhand der Baukosten gefällt, anstatt auf Basis von optimalen Prozessen mit günstigen Betriebskosten. Der Blick auf die Gesamtlebensdauer eines Spitals zeigt die Wichtigkeit einer ausgeklügelten Planungsphase. Vermeintlichen Einsparungen in dieser essenziellen Phase können den Betreiber später im Betrieb ganz schnell einholen.

Ganz zu Beginn eines Planungsprozesses wird entschieden, wie teuer das gesamte Spital inklusive des Betriebs sein wird. Die Kosten entstehen erst viel später. Gelingt aber dieses Zusammenspiel zwischen Planung, Ausführung und Betrieb, entstehen Spitalneubauten, die auf die Anforderungen der nächsten Jahrzehnte ausgerichtet sind. Die Infrastruktur wird die Sicherheit für Patienten, die hochstehende Medizin als Systemleistung und eine hohe Effizienz begünstigen – jene zentralen Zielvektoren, die in einem Bauprozess gerne mal aus den Augen verloren werden.

Grossprojekt Spitalneubau

Ein Spitalneubau ist für jede Organisation ein Grossprojekt. Damit dieses nachhaltig ein Erfolg ist, sind folgende Punkte entscheidend:

  • Früher Einbezug der Patienten und Mitarbeitenden
  • Entwicklung der Arbeitsabläufe der Zukunft in einem Umfeld, in dem diese prototypisiert, simuliert und getestet werden können
  • Einbezug von medizinischen, technologischen und gesellschaftlichen Trends in die Planung
  • Flexibilität als Gestaltungsprinzip, damit die Infrastruktur den sich verändernden Anforderungen angepasst werden kann
  • Von Anfang an die Kostenkalkulation über die gesamte Lebensdauer führen und nicht nur in Baukosten denken

Den Originalartikel von Heime & Spitäler finden Sie hier.

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