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Der moderne OP – Schlüssel zum Erfolg

Best Practices gehen immer mehr dazu über, den OP-Bereich als interdisziplinäre und interprofessionelle Dienstleistungsplattform zu definieren. Um auf dieser Plattform die Entscheidungsfindung und den Verbesserungsprozess im OP-Bereich zu optimieren, werden im nachfolgenden Blogpost Lösungen vorgeschlagen, welche die Bedürfnisse der verschiedenen Anspruchsgruppen berücksichtigen.

Ein Artikel von Prof. Dr. med. Gian A. Melcher, Senior Medical Expert walkerproject ag, Facharzt Chirurgie, FACS, Schwerpunkt Viszeralchirurgie, Allgemein- und Unfallchirurgie. 

Der Operationsbereich ist im Alltag mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. Ursprünglich vor allem durch den Operateur gesteuert, ist der OP zu einer Dienstleistungsplattform geworden, die von vielen Berufsgruppen betrieben wird. Zudem ist auch zunehmend der Einfluss der Spitaladministration auf diese Plattform erkennbar. Für ein Gleichgewicht in diesem personal- und kostenintensiven Spitalbereich sorgen eine stabile Führung und eine zuverlässige Planung. Durch verschiedene Lösungen soll die Versorgungsqualität, die Patientenorientierung sowie die Struktur und Effizienz der internen Prozesse verbessert werden. Für folgende Bereiche werden hier Lösungen vorgestellt:

  • Datenbasierte Steuerung und Führung
  • OP-Planung
  • Patientenorientierung und Effizienz

Datenbasierte Steuerung und Führung

Mit der Etablierung eines breit abgestützten, plattform-spezifischen OP-Controllings wird dem OP-Leitungsteam ein objektives Steuerungs- und Führungsinstrument an die Hand geben. In vielen OP-Betrieben ist ein solches jedoch gar nicht vorhanden oder nur wenig strukturiert. Zum Aufbau eines OP-Controllings wird folgendes, schrittweises Vorgehen empfohlen:

  • Ausarbeitung von standardisierten Kennzahlen auf Basis von Best Practices
  • Definition von entsprechenden Zielwerten
  • Frequenz und Zuständigkeit der Erhebung
  • Prozess zur Messung der Kennzahlen
  • Zu treffende Massnahmen bei Abweichung von den definierten Zielwerten
Abbildung 1: Beispiel: Ausschnitt aus einem Kennzahlen-Cockpit
Abbildung 1: Beispiel: Ausschnitt aus einem Kennzahlen-Cockpit

Die Kennzahlen erlauben eine differenzierte Beobachtung und Interpretation der Prozesse im OP. Dies soll die Grundlage für eine transparente und fundierte Entscheidungsfindung sein und stabilisiert dadurch auch die OP-Führungsgremien.

Erfahrungsgemäss ist die Qualität der Führung eines komplexen Betriebes stark personenabhängig. Das Prinzip der Delegation ist teilweise schwach ausgeprägt und wird somit unterschiedlich ausgeübt. Mit einem dreistufigen Führungssystem können Aufgaben und Kompetenzen sinnvoll zugeteilt werden. Als mögliches Beispiel lassen sich folgende Führungsstufen definieren:

  • OP-Kommission
  • OP-Management
  • OP-Leiter / -Koordinator

Die OP-Kommission besteht aus einem breit abgestützten Gremium unter Integration verschiedener Berufsgruppen (inkl. entsprechender Belegarztvertretung). Sie definiert die übergeordneten Prozesse und Standards, leitet Massnahmen aus den Daten des OP-Controllings ab, definiert konsekutiv auch die langfristige OP-Planung und ist für die regelmässige Überarbeitung des OP-Statuts zuständig.

Das OP-Management setzt sich aus einer kleinen Gruppe von möglichst entscheidungskompetenten Persönlichkeiten zusammen (z.B. Kaderarzt operativer Fächer, Kaderarzt Anästhesie und Vertretern aus dem pflegerischen Bereich). Zusammen wird über die mittelfristige Vergabe von OP-Slots und das Vorgehen bei Personalengpässen entschieden. Es fungiert zudem als «Plattform-Polizei» bei wiederholtem Nichteinhalten von Standards.

Die OP-Leitung / -Koordination ist für die tagesaktuelle Führung und Koordination verantwortlich. Sie verfügt z.B. über folgende Kompetenzen:  kurzfristige Zusammenlegung oder Schliessung von OP-Slots, Änderung der OP-Reihenfolge oder die Verschiebung einer OP. Zudem überblickt sie die Überzeit-Situation beim Personal. Als Mitglied des OP-Managements spricht sie sich bei schwierigen Entscheiden möglichst im Konsens mit Kollegen aus dem OP-Management ab.

Mit einem klar definierten und breit abgestützten Führungssystem kann eine höhere Durchschlagskraft erreicht werden. Dank verbindlich definierten Rollen und Zuteilung der Aufgaben und Kompetenzen, kann auch eine Stellvertretung eine klare Linie fahren. Die Verbindlichkeit wird gefördert und mit Sanktionierungen bei nicht Einhalten eines Standards die richtigen Anreize gesetzt.

OP-Planung  

Eine langfristig zuverlässige und auch wirtschaftliche OP-Planung scheitert in der Regel aus verschiedenen Gründen. Oftmals ist die OP-Planung sehr operateur-freundlich ausgerichtet, sprich jeder Chirurg oder jede operative Einheit verfügt auch bei (temporär) niedriger Auslastung über einen ganzen Saal pro Tag. Die eingeplanten OP-Zeiten sind unzuverlässig oder die Definition von Notfällen nicht standardisiert. Eine besondere Herausforderung ist zudem die Mischung aus internen Operateuren und Belegärzten.

Zunächst gilt es, den OP-Bereich als Teil eines übergeordneten Ganzen zu betrachten. Das heisst, dass Kapazitätsmanagement im OP auch zwingend die Kapazitäten vor- und nachgelagerter Bereiche, vornehmlich der Bettenstation, berücksichtigen muss. Oftmals ist die Ausgangslage eine Überkapazität an OP-Slots und eine Unterkapazität an Betten auf der Station oder der Tagesklinik. OP- und Bettenplanung hängen sehr eng zusammen, somit ist auch nur eine gegenseitige Anpassung der Kapazitäten und eine Reduktion von Schwankungen in beiden Bereichen dem Gesamtsystem förderlich.

Die langfristige Planung der OP-Slots muss generell mehr datenbasiert und weniger operateur-zentriert ablaufen. Als Weg zu einer optimierten OP-Auslastung bietet sich die Methode der „Ressourcenverknappung“ an. Hier werden unterschiedlich lange OP-Slots (entsprechend der effektiv benötigen Ressourcen) vergeben: Slots, die den ganzen Tag laufen (z.B. 8:00 bis 15:30 Uhr), aber auch Slots, die z.B. einen halben Tag laufen (z.B. 8:00 bis 12:00 Uhr und 12:30 bis 15:30 Uhr). Dadurch werden Kapazitäten frei, die unterschiedlich benötigt werden können: (kurzfristige) Freigabe für andere Operateure, Abarbeitung von Notfällen oder Nachmeldungen oder einen Abbau von Überstunden.

Abbildung 2: Mögliche OP-Slot-Aufteilung
Abbildung 2: Mögliche OP-Slot-Aufteilung

Patientenorientierung und Effizienz  

Einige sehr traditionelle Elemente im OP-Betrieb (z.B. Anästhesieformen, Patienteneinbezug) schaffen schlechte Voraussetzungen für einen patientenzentrierten OP-Prozess. Patientenorientierung wird durch eine sichere Planung, Zuverlässigkeit der (OP-)Termine, keine Wartezeiten und Patientensicherheit (z.B. Team-time-out oder Vorschriften zu Antibiotika-Prophylaxe und Hygiene) geschaffen.

Das Prinzip der Same Day Surgery (SDS) mit einer OP am gleichen Tag wie am Spital-Eintrittstag hat in den letzten Jahren massiv an Bedeutung gewonnen. Dadurch steigt die Patientenzufriedenheit und die Kapazitäten auf den Stationen oder der Tagesklinik können erhöht werden. Voraussetzung dafür ist aber vielerorts eine Überarbeitung des Eintrittsprozesses mit einem funktionierenden und qualitativ hochstehenden präoperativen Assessment (PAS). Das PAS soll idealerweise massgeschneidert und risikoadaptiert erfolgen und kann im „unkomplizierten“ Fall direkt im Anschluss an den Sprechstundentermin erfolgen („one-stop-shop“). Die Prämedikation und weitere Check-ins erfolgen in einem Aufwasch und ein weiterer Termin wird überflüssig. Unter Umständen ist hier auch an die Möglichkeit eines telefonischen / telemedizischen Assessments zu denken. Hingegen lassen sich „komplexe“ Patienten nach ev. ergänzender internistischer Abklärung mit vertretbarem Risiko nur in einem elektiven Setting beurteilen.

Abbildung 3: Das Präoperative Assessment (PAS) als Grundlage für Same Day Surgeries
Abbildung 3: Das Präoperative Assessment (PAS) als Grundlage für Same Day Surgeries

Im Rahmen der Effizienz können weitere Konzepte wie z.B. das „Gehen in den OP“ oder „(Liege-)Stuhl anstatt Bett in der Tagesklinik“ erarbeitet werden. Ersteres gibt für bestimmte Patienten-Cluster vor, dass der Patient / die Patientin zu Fuss in den OP begleitet wird. Dadurch lässt sich der präoperative Prozess deutlich verschlanken. Mit dem „Stuhl anstatt Bett in der Tagesklinik“-Konzept wird die Kapazität der Tagesklinik deutlich erhöht, der Bettenaufbereitungsaufwand und die Aufenthaltsdauer der Patienten reduziert und in der Regel gleichzeitig die Patientenzufriedenheit erhöht.

Eine vorausschauende Patientenführung zusammen mit einem hohen Mass an Kommunikation, Transparenz und einer guten Betriebskultur werden den Bedürfnissen der Patienten sowie des Personals gerecht und gewährleisten, dass der OP-Betrieb auch langfristig ein hohes Mass an Effizienz erreicht.

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